Arbeiten

Abwechslung als Geschäftsmodell

Fünf Dinge, die das Bündner Unternehmen Gritec anders macht

Neben Ruhe, Gemächlichkeit und Tradition lässt sich im bündnerischen Grüsch ein Hotspot namens Gritec finden, wo kein Tag wie der andere ist. Die Devise? Abwechslung treibt innovatives Denken voran. Lesen Sie, mit welchen Strategien die Systemingenieurinnen und -ingenieure, Tech-Talente, Teamplayer sowie Neuentdeckerinnen und -entdecker anziehen.

Fixe Stellenbeschreibungen? Fehlanzeige!

Die 85 kreativen Köpfe kommen eigentlich erst dann zum Einsatz, wenn andere zu langsam sind. Als Technologie-Partner definiert sich das Team nicht über ein eigenes Produkt, sondern über sein Versprechen, in kürzester Zeit eine Hightech-Lösung für jedes Problem zu finden – egal ob in der Medizinaltechnik, in der Elektronikbranche oder für ein Konsumgut. Unterschiedliche Kunden und Bedürfnisse bedeuten, dass «Mitarbeitende locker an ihren Stellenbeschrieb herangehen», erzählt Berechnungs- und Konstruktionsingenieur Florian Bärtsch. «Obwohl ich Maschineningenieur bin, programmiere ich Roboter oder leite kreative Brainstorming-Sessions.»

Neues Projekt, neues Team

Frei von althergebrachten Strukturen werden die Teams für jedes Projekt neu zusammengestellt, wobei Alt und Jung, Softwareingenieurin und Lernender «auf Tischhöhe zusammenarbeiten», wie Elektroplaner Reto Gubser die Arbeitsweise beschreibt. Hier werden Unterschiede zelebriert und Stärken kombiniert, denn der Kunde steht bei jedem Projekt im Zentrum. Einzelgängerinnen und Eigenbrötler? Bei Gritec eher fehl am Platz. «Alleine ist man langsam», schliesst der 21-jährige Konstrukteur Robin Graf aus seinem ersten Jahr. Und dass er im «Ingenieurbüro» mehr als nur «der Neue» ist. «Hier konnte ich von Anfang an meine Expertise in CAD bei der Entwicklung eines Prototyps einbringen. Wenn die Kompetenzen im Haus sind, werden sie auch genutzt.»

Keine Angst vor Fragen und Entscheidungen

Wer heute eine Software-Applikation für eine industrielle Gesamtanlage benötigt, erhält gefühlt morgen eine ganzheitliche Lösung. Wie das geht? Kurze Entscheidungswege. Zwischen der Geschäftsleitung und Elektroplaner Reto Gubser steht nur eine Person und er sei «ganz unten in der Nahrungskette». Vorher ist der 55-Jährige 30 Jahre lang im gleichen Unternehmen tätig gewesen. Doch in einem Alter, in dem andere bereits ans Herunterfahren denken, startete Reto Gubser noch einmal richtig durch. «Hier bekomme ich genau das, was ich mir gewünscht habe. Abenteuer, Freiheit und vor allem: Tempo.» Die Schnelligkeit, mit der die Macherinnen und Macher Ideen vorantreiben, ist beachtlich. Wenn Ingenieur Florian Bärtsch seinen Roboter nicht zum Laufen bringt, nimmt sich ein Spezialist schnell 10 Minuten Zeit, um dem Entwickler das Problem zu erklären. «Das hilft mir, in kürzester Zeit die nötige Flughöhe zu erreichen, auf der ich dann alleine weitersegeln kann.»

Sie lernen gerne Neues und teilen gerne Mitarbeitende

Die «Technologie-Scouts» müssen immer am Ball bleiben, um mit ihren spezialisierten Auftraggebern auf Augenhöhe kommunizieren zu können. Dafür lernen sie mit Webinaren und Workshops in kurzer Zeit den Umgang mit einer grossen Dichte an digitalen Werkzeugen oder nehmen sich, wie Jann Egli, Head of Business Unit Product & Process Development, auch gerne mal einen halben Tag Zeit, um aktuelle Forschungspublikationen zu lesen. Der unstillbare Wissensdurst ist eine der verbindenden Eigenschaften von Gritec-Mitarbeitenden, wie der Systemingenieur beobachtet: «Selbst beim Apéro diskutieren Menschen aus den unterschiedlichsten Abteilungen passioniert über die neuesten Technologietrends.»

Auch bei den Mitarbeitenden gilt: Sharing is Caring. Mit ihren Engineering-Services werden die Tech-Insider für einen Zeitraum von wenigen Wochen bis zu mehreren Jahren anderen Unternehmen zur Verfügung gestellt. Auch Konstrukteur Robin Graf durfte bereits nach ein paar Monaten einen externen Kunden unterstützen. Während sechs Wochen stellte er einem Maschinenbau-Unternehmen sein Know-how zur Verfügung: «Der Aufenthalt bringt nicht nur dem Kunden etwas, sondern inspiriert auch mich, ihnen ein paar Handgriffe abzuschauen und in meine Arbeit zu integrieren.»

Das Gebäude passt sich an jedes technische Bedürfnis an

Fixe Arbeitsplätze gibt es wie zu erwarten keine. Dafür liegen die Werkstatt und das Elektronik- und Softwarelabor praktisch nebeneinander. «Das ist ziemlich beeindruckend», findet Florian Bärtsch. «Vorher war ich es gewohnt, dass alle technischen Räumlichkeiten separiert wurden.» Steht man unten in der riesigen Montagehalle, mag es auf den ersten Blick chaotisch wirken, aber die grosse Fläche ermöglicht die für Gritec typische Flexibilität. «Draussen haben wir sogar einen Container, unsere Mini-Montagehalle, falls wir Anlagen auslagern möchten. Darin haben wir unsere Laboraufbauten und alles, was wir für das spezifische Projekt brauchen.» Ein Wimpernschlag und schon ist der Container nach vollendetem Projekt wieder weg. Damit nicht genug. Um die Tech-Zukunft mit grandiosen Ideen mitzugestalten, wird das Gebäude gerade samt Montagehalle und Büroräumlichkeiten ausgebaut und vergrössert.


Von ganz unten in der Montagehalle bis ganz oben im «Innovations-Pavillon» spürt man die Energie, die durch das Gebäude und schliesslich in die Projekte fliesst. Es kann auch gut und gerne vorkommen, dass man im Treppenhaus auf einen Entwickler stösst, der eine futuristische HoloLens aufgesetzt hat und dabei mit den Händen Luftzeichen macht. Wahrscheinlich erklärt er der Welt auf seinem Spaziergang nebenbei eine Technologie der Zukunft. Typisch Gritec halt.